Die Kreisstadt Murun hatten wir an unserem Übernachtungsplatz bereits in Sichtweite. Sie war die letzte Station auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel, dem Khubskul-See, an dem wir zwei Nächte verbringen wollten. Zunächst mussten wir nochmal Proviant einkaufen. Auf dem Markt gab es bereits reichlich Preiselbeeren zu kaufen, die normalerweise auch hier erst ab Ende August geerntet werden können. Außerdem deckten wir uns mit frischem Bärlauch, Joghurt und Milchrahm ein.
Einen großen Teil des Hammelfleischs hatte uns die Nomadenfamilie mitgegeben, so dass wir ausnahmsweise mal kein Fleisch kaufen mussten. Nach rund 130 km Richtung Norden über einige kleinere Pässe, aber meist auf asphaltierter Straße, erreichten wir schließlich den Blauen See, so die deutsche Übersetzung für den Khubskul-See. Und der Name ist absolut zutreffend: so wie sich die Steppenlandschaft in allen erdenklichen Grün- und Gelbtönen zeigt, so spiegelte sich bei unserer Ankunft die Wasseroberfläche in vielen kräftigen Blau- und Türkistönen.
Der See ist umgeben von Bergen mit Lärchenwald, Ausläufern der sibirischen Taiga. Nach einigem Suchen fanden wir wieder einen Platz auf einer Viehweide in Nähe eines Nomadengers, wo wir unser Zelt, weit genug von der Uferstraße, aber mit Seeblick aufschlagen konnten.
Der See, bei einer Ausdehnung von rund 130 mal 36 km auch „Kleiner Baikal“ genannt, wird gespeist vom Fluss Eg Gol, der dann 200 km weiter nördlich einen der größten Zuflüsse des Baikalsees darstellt. Sobald die Sonne am Abend unterging, wurde es empfindlich kalt und wir verkrochen uns in unser Zelt. Allerdings mussten wir noch einige Male raus, um neugierige Ziegen zu vertreiben, die sich am Zelt zu schaffen machten und sich dabei immer wieder mit ihren Hörnern an den Zeltschnüren einfädelten. Derweil saßen unsere drei Begleiter noch am Lagerfeuer, kochten Yakmilch für den nächsten Morgen auf und kamen ihrem scheinbar nie versiegenden Kommunikationsbedürfnis nach.
Neben Müsli mit frischen Preiselbeeren gab es am nächsten Morgen als weitete Delikatesse frisches leckeres Fladenbrot, das Anke auf einem Schieferstein im offenen Feuer gebacken hatte. Den größten Teil des Tages verbrachten wir mit einem gemütlichen Strandspaziergang am kiesigen Seeufer, vorbei an zahlreichen Touristencamps, die aus Jurten oder kleinen Blockhäusern bestehen und besonders von mongolischen Touristen genutzt werden. Zwischendurch nahm Rainer bei 14 Grad Wassertemperatur ein erfrischendes Bad im glasklaren See.
Abends brachte uns unser Nachbar Ziegenmilch vorbei und bot uns an, am nächsten Tag zu einem etwa 20 km entfernten Berg zu fahren, von dessen Kuppe man bei klarem Wettet den gesamten See einsehen könne. Und siehe da, am nächsten Morgen strahlte die Sonne und wir machten uns auf den beschwerlichen Weg, zunächst am See entlang und dann einen steilen, ausgefahrenen Weg hinauf auf die Höhe. Es stellte sich heraus, dass unser Nachbar viel von Heilkräutern verstand. So erzählte er uns allerhand über die Wirkung der Kräuter am Wegesrand und ließ es sich nicht nehmen, ab und zu auszusteigen, um frische Kräuter zu pflücken. Aber er hatte nicht zu viel versprochen: Als wir mit dem Auto (mit Rücksicht auf Chuluun) die Bergkuppe, immerhin auf 2430m Höhe, erreichten, bot sich nach Osten ein phantastischer Fernblick über den See mit seinen zwei Inseln und die umliegenden Berge bis nach Russland hinein. Nach Westen schaute man auf kahle, inzwischen schneefreie 3000er und dazwischenliegende Hochebenen.
Weil wir uns viel länger als gedacht auf dem Berg aufhielten, war es schon Nachmittag, als wir an unseren Übernachtungsplatz zurück kamen. So bauten wir zügig unsere Zelte ab, packten unsere Sachen und machten uns auf den Weg zurück nach Murun und von dort noch ein Stück weiter ostwärts bis zu einem kleinen Salzsee abseits der Straße, wo wir schon spät abends unser Lager im Steppengras aufschlugen und uns ohne Abendessen direkt hinlegten.
Ohne besondere Höhepunkte -wir haben inzwischen längst begriffen, dass der Weg das Ziel ist- verlief auch der Folgetag. Nach zeitigem Aufbruch fuhren wir auf richtig guter, asphaltierter Straße durch die in allen Grüntönen schimmernde Hochsteppe, an der man sich offenbar nie satt sehen kann, fuhren durch die Städtchen Tosonzengel, Ih-Uul, Hujirt und Hutag-Önder zu unserem nächsten Übernachtungsplatz an einem kleinen Bachlauf, dem Tölböriin Gol. Fährt man auf die Städtchen zu, sehen sie zunächst mit ihren bunt bemalten Blechdächern recht nett aus. Tatsächlich sind diese Ortschaften aber von nahem betrachtet eher unattraktiv und wir hielten uns nie lange auf.
Eine kurze Pause hatten wir nur in Hujirt eingelegt, weil es hier noch ein altes Kloster gibt, das offenbar die stalinistischen Säuberungen überdauert hat. Leider fanden wir es geschlossen vor und mussten uns mit einer Außenbesichtigung zufrieden geben.
Seit dem Ende des Sozialismus 1990 ist zwar die Religionsausübung wieder erlaubt, es finden sich aber kaum sichtbare Zeugnisse, dass der Buddhismus -neben dem Schamanismus- seither wieder größeren Raum im Leben der Menschen eingenommen hat.
Der Weg nach Ulaanbataar, wo wir am 26.07. unseren Flieger nach Honolulu besteigen wollen, ist nicht mehr sehr weit, deshalb konnten wir es uns leisten, an diesem schönen Ort, umgeben vom Rauschen des Bachs und dem Gemecker der Ziegen, nochmals einen Ruhetag einzulegen. Nur wenige Schritte von unserem Zelt gibt es einen ziemlich steil abfallenden Felsen, auf dem die Ziegen gewandt herumklettern und es sich auch nicht nehmen lassen, noch in schwindelerregender Höhe ihre Kämpfe auszutragen. Ein Nomade hatte uns morgens mit frischem Milchrahm, Joghurt und Airag, gegorenem, für unsere Geschmäcker gewöhnungsbedürftigem Stutenmilchjoghurt, versorgt. Nur wenige Fahrminuten von unserem Zeltplatz entfernt lag eine Heilquelle, die wir nach dem Frühstück aufsuchten. Aus einem Berghang entspringen mehrere kleine Quellen, die alle in einem Bach zusammenfließen. Jeder dieser Quellen werden unterschiedliche Heilwirkungen nachgesagt. So gibt es eine Quelle gegen Diabetes, gegen Hals-, Augen- und Kopferkrankungen, weiter unten Quellen für Magen und Bauchspeicheldrüse. Die Quellen sind rege besucht von durchfahrenden Autofahrern und „Kurgästen“, die auf einem unmittelbar angrenzenden Gelände wohnen, auf dem unzählige kleine Holzhäuschen stehen. Ein paar Sitzbänke sorgen für einen geselligen Austausch zwischen den Gästen, ansonsten sind die Quellen naturbelassen. Wir hatten Spaß, den ziemlich zahmen Zieseln zuzusehen, die zwischen ihren Erdlöchern Nachlaufen spielten.
Am nächsten Tag wurden wir früh morgens vom Regen überrascht und mussten erstmals unser Zelt nass abbauen. Wir fuhren weiter auf guter Straße gen Ulaanbataar. Die Landschaft veränderte sich, es tauchten erstmals ausgedehnte Weizen- und Rapsfelder auf. Interessanterweise müssen die Felder vor dem Weidevieh durch Zäune geschützt werden, während Rinder, Ziegen, Schafe und in dieser Gegend auch große Pferdeherden zwischen den Feldern frei umherziehen können. Auch finden sich nur noch wenige Gers, die meisten Menschen in der Gegend, die wir durchquerten, wohnen in Holzblockhäusern. Ein letztes Mal etwas Proviant kaufen in der Bezirksstadt Erdenet, nochmal 100 km Fahrstrecke und wir erreichten unseren vorletztes Nachtlager zwischen Kamelgrasbüscheln und Weidenbüschen.
Der Morgen begann mit einer unangenehmen Überraschung: Mit einem lauten Knacken brach -völlig ohne eigenes Zutun- plötzlich eine Aluminiumstange unseres Zeltes, das uns bisher so zuverlässig vor Wind und Wetter geschützt hatte. Mal sehen, ob es gelingt, in Deutschland ein passendes Ersatzteil zu bekommen? Wir machten uns früh auf den Weg, durchfuhren die Städte Bulgan und Erdenet. Die Abgeschiedenheit, die wir in den ersten Wochen gespürt hatten, war auf den letzten Teilstücken unserer Rundreise nicht mehr gegeben. Die Straße, die weiter nach Russland und China führt, war stark befahren, die Besiedelungsdichte nahm spürbar zu. Die Leute wohnten in festen Häusern, die riesigen zusammenhängenden Weideflächen waren zunehmend Feldern gewichen.
Wir hatten 120 km vor Ulaanbataar noch einen letzten Zwischenstopp geplant, konnten aber zunächst keinen Übernachtungsplatz finden, weil das Gras in der Gegend völlig trocken und braun war. Schließlich hatten wir doch noch eine schöne Stelle gefunden. Bevor wir mit dem Auspacken beginnen konnten, überzog uns eine heftige Gewitterfront. Innerhalb einer viertel Stunde kam so viel Regen und Hagel runter, dass sich heftige Sturzbäche die Hänge hinunter bildeten und unser Fahrer Mühe hatte, noch zurück auf die Straße zu kommen. Die Böden waren nun völlig aufgeweicht und es machte keinen Sinn, einen neuen Platz zu suchen. Kurzentschlossen riefen wir, sobald wir Empfang hatten, Airbnb auf und buchten in Nähe des zentralen Sukhbataar-Platzes in Ulaanbataar ein Bett für die Nacht.
So konnten wir am Abend nach 25 Tagen wieder unsere erste warme Dusche nehmen, eine richtige Toilette benutzen und uns in ein weiches Bett fallenlassen – sehr zur Freude von Rainers waschbrettpistengeschädigter Wirbelsäule. Schließlich hatten wir 3.600 km zurückgelegt, davon höchstens 1000 km auf asphaltierter Straße.
Unsere Planungsänderung hatte zudem den Vorteil, dass wir einen ganzen Tag gewonnen hatten, um uns in Ulaanbataar umzusehen. Chuluun und Batbileg holten uns morgens an unserer Unterkunft ab, wir verstauten unser Gepäck im Auto und fuhren zunächst zum Winterpalast des achten und letzten des Bogd Khan, des geistigen und weltlichen Oberhaupts der Mongolei, der hier bis zu seinem Tod 1924 lebte.
Die Gebäude sind heute als Museum genutzt und zeigen anschaulich das Leben aus dieser Zeit. Nach einem letzten gemeinsamen Essen in einem vegetarischen Restaurant fuhren wir noch zum Gandan-Kloster, bedeutenstes Kloster der Mongolei, das auch die Stalin- Ära überdauert hat.
Gegen Ende unserer Reise endlich ein sichtbares Zeichen, dass der Buddhismus in der Mongolei nach 60 Jahren Sozialismus zumindest in Teilen noch bzw. wieder lebendig ist.
Unser letztes Geld haben wir noch auf dem Weg zum Flughafen in einem Cashmere-outlet gelassen.
Nun warten wir bereits in Seoul - wo wir mitten in der Nacht ankamen - mit einem ordentlichen Schlafdefizit auf unseren Weiterflug nach Hawaii, der letzten und hoffentlich erholsameren Station auf unserer Reise.
Vier sehr schwer zusammenzufassende Wochen liegen hinter uns. Wir sind uns einig, dass es die in jeder Hinsicht anstrengendsten unserer bisherigen Reise waren. Dies betraf weniger die entbehrungsreichen äußeren Umstände, die wir gerne in Kauf nahmen, als vielmehr die immer wieder auftretenden Reibungsverluste innerhalb unserer Kleingruppe. Unsere Vorstellungen hinsichtlich der mongolischen Landschaften und Natur wurden jedoch bei weitem übertroffen. Auch die Begegnungen mit den beiden Nomadenfamilien werden unvergessen bleiben.
Einen großen Teil des Hammelfleischs hatte uns die Nomadenfamilie mitgegeben, so dass wir ausnahmsweise mal kein Fleisch kaufen mussten. Nach rund 130 km Richtung Norden über einige kleinere Pässe, aber meist auf asphaltierter Straße, erreichten wir schließlich den Blauen See, so die deutsche Übersetzung für den Khubskul-See. Und der Name ist absolut zutreffend: so wie sich die Steppenlandschaft in allen erdenklichen Grün- und Gelbtönen zeigt, so spiegelte sich bei unserer Ankunft die Wasseroberfläche in vielen kräftigen Blau- und Türkistönen.
Der See ist umgeben von Bergen mit Lärchenwald, Ausläufern der sibirischen Taiga. Nach einigem Suchen fanden wir wieder einen Platz auf einer Viehweide in Nähe eines Nomadengers, wo wir unser Zelt, weit genug von der Uferstraße, aber mit Seeblick aufschlagen konnten.
Der See, bei einer Ausdehnung von rund 130 mal 36 km auch „Kleiner Baikal“ genannt, wird gespeist vom Fluss Eg Gol, der dann 200 km weiter nördlich einen der größten Zuflüsse des Baikalsees darstellt. Sobald die Sonne am Abend unterging, wurde es empfindlich kalt und wir verkrochen uns in unser Zelt. Allerdings mussten wir noch einige Male raus, um neugierige Ziegen zu vertreiben, die sich am Zelt zu schaffen machten und sich dabei immer wieder mit ihren Hörnern an den Zeltschnüren einfädelten. Derweil saßen unsere drei Begleiter noch am Lagerfeuer, kochten Yakmilch für den nächsten Morgen auf und kamen ihrem scheinbar nie versiegenden Kommunikationsbedürfnis nach.
Neben Müsli mit frischen Preiselbeeren gab es am nächsten Morgen als weitete Delikatesse frisches leckeres Fladenbrot, das Anke auf einem Schieferstein im offenen Feuer gebacken hatte. Den größten Teil des Tages verbrachten wir mit einem gemütlichen Strandspaziergang am kiesigen Seeufer, vorbei an zahlreichen Touristencamps, die aus Jurten oder kleinen Blockhäusern bestehen und besonders von mongolischen Touristen genutzt werden. Zwischendurch nahm Rainer bei 14 Grad Wassertemperatur ein erfrischendes Bad im glasklaren See.
Abends brachte uns unser Nachbar Ziegenmilch vorbei und bot uns an, am nächsten Tag zu einem etwa 20 km entfernten Berg zu fahren, von dessen Kuppe man bei klarem Wettet den gesamten See einsehen könne. Und siehe da, am nächsten Morgen strahlte die Sonne und wir machten uns auf den beschwerlichen Weg, zunächst am See entlang und dann einen steilen, ausgefahrenen Weg hinauf auf die Höhe. Es stellte sich heraus, dass unser Nachbar viel von Heilkräutern verstand. So erzählte er uns allerhand über die Wirkung der Kräuter am Wegesrand und ließ es sich nicht nehmen, ab und zu auszusteigen, um frische Kräuter zu pflücken. Aber er hatte nicht zu viel versprochen: Als wir mit dem Auto (mit Rücksicht auf Chuluun) die Bergkuppe, immerhin auf 2430m Höhe, erreichten, bot sich nach Osten ein phantastischer Fernblick über den See mit seinen zwei Inseln und die umliegenden Berge bis nach Russland hinein. Nach Westen schaute man auf kahle, inzwischen schneefreie 3000er und dazwischenliegende Hochebenen.
In der Abgeschiedenheit dieser Region leben noch Bären und Wölfe, und trotz eisiger Wintertemperaturen von bis zu -50 °C gibt es hier noch zahlreiche Rentiernomaden, die in Tipis leben.
Weil wir uns viel länger als gedacht auf dem Berg aufhielten, war es schon Nachmittag, als wir an unseren Übernachtungsplatz zurück kamen. So bauten wir zügig unsere Zelte ab, packten unsere Sachen und machten uns auf den Weg zurück nach Murun und von dort noch ein Stück weiter ostwärts bis zu einem kleinen Salzsee abseits der Straße, wo wir schon spät abends unser Lager im Steppengras aufschlugen und uns ohne Abendessen direkt hinlegten.
Ohne besondere Höhepunkte -wir haben inzwischen längst begriffen, dass der Weg das Ziel ist- verlief auch der Folgetag. Nach zeitigem Aufbruch fuhren wir auf richtig guter, asphaltierter Straße durch die in allen Grüntönen schimmernde Hochsteppe, an der man sich offenbar nie satt sehen kann, fuhren durch die Städtchen Tosonzengel, Ih-Uul, Hujirt und Hutag-Önder zu unserem nächsten Übernachtungsplatz an einem kleinen Bachlauf, dem Tölböriin Gol. Fährt man auf die Städtchen zu, sehen sie zunächst mit ihren bunt bemalten Blechdächern recht nett aus. Tatsächlich sind diese Ortschaften aber von nahem betrachtet eher unattraktiv und wir hielten uns nie lange auf.
Eine kurze Pause hatten wir nur in Hujirt eingelegt, weil es hier noch ein altes Kloster gibt, das offenbar die stalinistischen Säuberungen überdauert hat. Leider fanden wir es geschlossen vor und mussten uns mit einer Außenbesichtigung zufrieden geben.
Seit dem Ende des Sozialismus 1990 ist zwar die Religionsausübung wieder erlaubt, es finden sich aber kaum sichtbare Zeugnisse, dass der Buddhismus -neben dem Schamanismus- seither wieder größeren Raum im Leben der Menschen eingenommen hat.
Der Weg nach Ulaanbataar, wo wir am 26.07. unseren Flieger nach Honolulu besteigen wollen, ist nicht mehr sehr weit, deshalb konnten wir es uns leisten, an diesem schönen Ort, umgeben vom Rauschen des Bachs und dem Gemecker der Ziegen, nochmals einen Ruhetag einzulegen. Nur wenige Schritte von unserem Zelt gibt es einen ziemlich steil abfallenden Felsen, auf dem die Ziegen gewandt herumklettern und es sich auch nicht nehmen lassen, noch in schwindelerregender Höhe ihre Kämpfe auszutragen. Ein Nomade hatte uns morgens mit frischem Milchrahm, Joghurt und Airag, gegorenem, für unsere Geschmäcker gewöhnungsbedürftigem Stutenmilchjoghurt, versorgt. Nur wenige Fahrminuten von unserem Zeltplatz entfernt lag eine Heilquelle, die wir nach dem Frühstück aufsuchten. Aus einem Berghang entspringen mehrere kleine Quellen, die alle in einem Bach zusammenfließen. Jeder dieser Quellen werden unterschiedliche Heilwirkungen nachgesagt. So gibt es eine Quelle gegen Diabetes, gegen Hals-, Augen- und Kopferkrankungen, weiter unten Quellen für Magen und Bauchspeicheldrüse. Die Quellen sind rege besucht von durchfahrenden Autofahrern und „Kurgästen“, die auf einem unmittelbar angrenzenden Gelände wohnen, auf dem unzählige kleine Holzhäuschen stehen. Ein paar Sitzbänke sorgen für einen geselligen Austausch zwischen den Gästen, ansonsten sind die Quellen naturbelassen. Wir hatten Spaß, den ziemlich zahmen Zieseln zuzusehen, die zwischen ihren Erdlöchern Nachlaufen spielten.
Kurort auf mongolisch |
Der Morgen begann mit einer unangenehmen Überraschung: Mit einem lauten Knacken brach -völlig ohne eigenes Zutun- plötzlich eine Aluminiumstange unseres Zeltes, das uns bisher so zuverlässig vor Wind und Wetter geschützt hatte. Mal sehen, ob es gelingt, in Deutschland ein passendes Ersatzteil zu bekommen? Wir machten uns früh auf den Weg, durchfuhren die Städte Bulgan und Erdenet. Die Abgeschiedenheit, die wir in den ersten Wochen gespürt hatten, war auf den letzten Teilstücken unserer Rundreise nicht mehr gegeben. Die Straße, die weiter nach Russland und China führt, war stark befahren, die Besiedelungsdichte nahm spürbar zu. Die Leute wohnten in festen Häusern, die riesigen zusammenhängenden Weideflächen waren zunehmend Feldern gewichen.
Wir hatten 120 km vor Ulaanbataar noch einen letzten Zwischenstopp geplant, konnten aber zunächst keinen Übernachtungsplatz finden, weil das Gras in der Gegend völlig trocken und braun war. Schließlich hatten wir doch noch eine schöne Stelle gefunden. Bevor wir mit dem Auspacken beginnen konnten, überzog uns eine heftige Gewitterfront. Innerhalb einer viertel Stunde kam so viel Regen und Hagel runter, dass sich heftige Sturzbäche die Hänge hinunter bildeten und unser Fahrer Mühe hatte, noch zurück auf die Straße zu kommen. Die Böden waren nun völlig aufgeweicht und es machte keinen Sinn, einen neuen Platz zu suchen. Kurzentschlossen riefen wir, sobald wir Empfang hatten, Airbnb auf und buchten in Nähe des zentralen Sukhbataar-Platzes in Ulaanbataar ein Bett für die Nacht.
So konnten wir am Abend nach 25 Tagen wieder unsere erste warme Dusche nehmen, eine richtige Toilette benutzen und uns in ein weiches Bett fallenlassen – sehr zur Freude von Rainers waschbrettpistengeschädigter Wirbelsäule. Schließlich hatten wir 3.600 km zurückgelegt, davon höchstens 1000 km auf asphaltierter Straße.
Unsere Planungsänderung hatte zudem den Vorteil, dass wir einen ganzen Tag gewonnen hatten, um uns in Ulaanbataar umzusehen. Chuluun und Batbileg holten uns morgens an unserer Unterkunft ab, wir verstauten unser Gepäck im Auto und fuhren zunächst zum Winterpalast des achten und letzten des Bogd Khan, des geistigen und weltlichen Oberhaupts der Mongolei, der hier bis zu seinem Tod 1924 lebte.
Die Gebäude sind heute als Museum genutzt und zeigen anschaulich das Leben aus dieser Zeit. Nach einem letzten gemeinsamen Essen in einem vegetarischen Restaurant fuhren wir noch zum Gandan-Kloster, bedeutenstes Kloster der Mongolei, das auch die Stalin- Ära überdauert hat.
Gegen Ende unserer Reise endlich ein sichtbares Zeichen, dass der Buddhismus in der Mongolei nach 60 Jahren Sozialismus zumindest in Teilen noch bzw. wieder lebendig ist.
Unser letztes Geld haben wir noch auf dem Weg zum Flughafen in einem Cashmere-outlet gelassen.
Nun warten wir bereits in Seoul - wo wir mitten in der Nacht ankamen - mit einem ordentlichen Schlafdefizit auf unseren Weiterflug nach Hawaii, der letzten und hoffentlich erholsameren Station auf unserer Reise.
Vier sehr schwer zusammenzufassende Wochen liegen hinter uns. Wir sind uns einig, dass es die in jeder Hinsicht anstrengendsten unserer bisherigen Reise waren. Dies betraf weniger die entbehrungsreichen äußeren Umstände, die wir gerne in Kauf nahmen, als vielmehr die immer wieder auftretenden Reibungsverluste innerhalb unserer Kleingruppe. Unsere Vorstellungen hinsichtlich der mongolischen Landschaften und Natur wurden jedoch bei weitem übertroffen. Auch die Begegnungen mit den beiden Nomadenfamilien werden unvergessen bleiben.
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